Steigt der Meeresspiegel schon?

[Hajo Haspe]

Hallo in die Runde,

habt ihr auch das Empfinden, dass der Meeresspiegel in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist?
Meine Frau behauptet das, und ich widerspreche ihr ungern, so lange ich keine Fakten habe.

Sie macht das an ganz einfachen Beobachtungen fest:

1. das kaputte Schwimmbad hier Puerto hat jedes Jahr mehr und länger Wasser.
2. der Strand wird immer schmaler
3. Das Meer kommt immer öfter über die Mauer

Ich behaupte weiterhin, das liegt alles im normalen Schwankungsbereich

Was habt ihr so beobachtet? Was spricht dafür, was dagen?
Danke für eure Beiträge.

[jot]

Moin, ich habe mir bei unserem Neujahrspaziergang am Strand nasse Füße geholt. Da ich ja nicht nur doof bin, glaube ich, dass das am gestiegenen Meeresspiegel liegt. Menno, irgendwie fasse ich es nicht.

[LaGraja]

@jot
Wenn ich deinen Kommentar jetzt als "dümmlich" bezeichnen würde, bekäme ich Ärger mit dem Jefe, deswegen lasse ich das lieber.

@Hajo Haspe
Deine Frau hat recht. Zwischen 1901 und 2018 ist der globale Meeresspiegel um 20 cm gestiegen. Der jährliche Anstieg verhält sich dynamisch, d.h. er wird jedes Jahr größer. Ursache ist das Abschmelzen des Festlandeises z.B. von Grönland und der Antarktis, der Abbau der Gletscher sowie die Ausdehnung des Wassers durch steigende Meerestemperaturen. Weltweit sind Küstenzonen schon jetzt dadurch bedroht. Immer häufiger kommt es zu Überflutungen und nie dagewesenen Pegelständen an den Küsten, vor Allem bei auflandigem Wind und Schäden an Küstenverbauungen. @jot kann sich ja mal in Holland informieren, wie man sich dort auf das Unvermeidliche vorbereitet.

[Tanausú]

Der jährliche Anstieg verhält sich dynamisch, d.h. er wird jedes Jahr größer. Ursache ist das Abschmelzen des Festlandeises z.B. von Grönland und der Antarktis, der Abbau der Gletscher sowie die Ausdehnung des Wassers durch steigende Meerestemperaturen. Weltweit sind Küstenzonen schon jetzt dadurch bedroht.

So ist das. Leider.

Und zu dieser Art Diskussion passt der heutige Spiegel-Artikel über den Kritiker-Disput zur extrem erfolgreichen Netflix-Produktion »Don’t Look Up«. Ich zitiere: "Um ein paar aktuelle Fakten zusammenzufassen, die tatsächlich relevant sind: der Thwaites-Gletscher in der Antarktis, eine Eisfläche von der doppelten Fläche Österreichs, wird möglicherweise in ein paar Jahren abbrechen und dann ins Meer rutschen.

Wenn der Thwaites-Gletscher vollständig ins Meer geflossen ist, wird der Meeresspiegel 65 Zentimeter höher liegen als jetzt. Zur Erinnerung: steigt der Meeresspiegel nur um einen Meter, bekommt beispielsweise die Nordsee diverse neue Buchten, die dann unter anderem bis Hamburg und Bremen reichen. Von den vielen Millionenstädten an den Küsten der Welt ganz zu schweigen.

Hier kann man sich ansehen, wie das aussieht. Die Animation aus Satellitenbildern zeigt das Zerbrechen der Eisfläche binnen weniger Jahre, beginnend 2018 (der Tweet stammt von einem auf Fernerkundung spezialisierten Forscher der französischen Großforschungseinrichtung CNRS). Achten Sie mal auf den Spalt rechts oben..."
.

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https://twitter.com/i/status/1476149822365257736

https://www.spiegel.de/wissenschaft/don ... b3bbfdcd3f

[El Jardinero]

Der jährliche Anstieg verhält sich dynamisch, d.h. er wird jedes Jahr größer.

Wobei der im Chart sieht ja eher linear aus ?

Achso, "Hättest Du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben."

[Hajo Haspe]

Danke für die Erklärungen und Hinweise.

Und ihr seid wirklich der Ansicht, an solchen Merkmalen wie beschrieben, könnte man das sehen?
Ich bin weiterhin der Meinung, dass bei dem kleiner werden des Strandes andere Parameter im Spiel sind.
Aber welche?

Wer beim spazieren gehen am Strand nasse Füße bekommt, ist einfach nur dusselig.

[El Jardinero]

Ich glaube schon, dass man das mit den Füßen im Meer spüren kann, allerdings nicht mal eben so, sondern langfristig an besonders betroffenen Stellen.
Oder an Maßnahmen, die Inselstaaten ergreifen (müssen), die sich mit Landgewinnung oder - erhalt beschäftigen.
Nur aus Jux und Dollerei wird man sich diesem Thema in z.B. Tuvalu wohl nicht zuwenden.

[rapunzel]

Ich bin weiterhin der Meinung, dass bei dem kleiner werden des Strandes andere Parameter im Spiel sind.
Aber welche?

Du meinst den Strand in Puerto de Tazacorte? Der ist doch gar kein natürlicher Strand sondern kann nur durch den Schutz der zierlichen Beton-Würfelchen überhaupt da liegen. Die sichtbaren Änderungen an diesem Strand in den letzten vielleicht 20 Jahren sind denke ich eher abhängig vom Aufbau und Erweiterung diverser Wellenbrecher und Küsten-/Hafenbefestigungen. Und ansonsten wird der Sand doch Jahr für Jahr mit großem Maschineneinsatz ins Meer geschoben, dann gibt's im Sommer einen schönen großen Strand. Und im Winter schiebt der Atlantik den Sand wieder hoch zur Mauer und wirft ihn drüber auf die Promenade.

[Tanausú]

Die Frage ist ja leider auch längst nicht mehr, ob - sondern wann bzw. wie schnell der Anstieg erfolgt.

Natürlich kann man den derzeit an einem flachen Strand wie dem Playa de Tazacorte noch nicht unbedingt deutlich erkennen, aber die zunehmenden Wetterextreme - auch draussen auf dem offenen Meer - bringen wohl auch zunehmende Oleajes fuertes, wo's dann eben über die Mauer schwappt und im Schildbürgerbecken sich sammelt...

[Penelope]

Wer an alten Bildern von Puerto und Villa de Tazacorte interessiert ist: es gibt eine offene Facebook-Gruppe "Historia de Tazacorte", auf der sehr viele solcher Bilder zu sehen sind.

https://www.facebook.com/historiadetazacorte/

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[Mequedoencasa]

Der Meeresspiegelanstieg ist bis 2015 mit einer Gerade verträglich, dann aber passt es nicht mehr:

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Für eine Prognose ist allerdings der Zeitraum zu klein und die Schwankungen zu groß.

Die Strände im Westen von La Palma ändern sich jedes mal im Winter, wenn es starken Sturm aus Nordwesten gibt.

[El Jardinero]

Naja, da fällt mir das Buch "So lügt man mit Statisik" von Walter Krämer ein

Wenn Du den Strich so zeichnest, dass bis 2011 unten genausoviel Kurvenvolatilität rausguckt wie jetzt nur oben, dann kommt der Strich hinten schon noch ein ganzen Stück höher.

Will damit sagen: Du hast recht, aus dem Chart was ableiten zu wollen ist nicht wirklich möglich.

[Hajo Haspe]

das kaputte Schwimmbad wird unterirdisch vom Meer versorgt.
Hohe Wellen,hoher Wassertsand. in lerzter Zeit aber immer öfter Keine Wellen, hoher Wasserstand.
Das erkläre wer will.

[LaGraja]

Will damit sagen: Du hast recht, aus dem Chart was ableiten zu wollen ist nicht wirklich möglich.

Aus diesem Chart allein sicher nicht. Es gibt aber genügend Studien und Daten, die die steigende Zuwachsrate der Meereshöhe belegen. Und warum jemand mit dem Chart "lügen" will bzw. soll, erschließt sich mir jetzt nicht. Was wäre das Motiv? Verschwörung?

[Mequedoencasa]

Naja, da fällt mir das Buch "So lügt man mit Statisik" von Walter Krämer ein

Wenn Du den Strich so zeichnest, dass bis 2011 unten genausoviel Kurvenvolatilität rausguckt wie jetzt nur oben, dann kommt der Strich hinten schon noch ein ganzen Stück höher.

Will damit sagen: Du hast recht, aus dem Chart was ableiten zu wollen ist nicht wirklich möglich.

Nochmal mit dünner Linie, nur Anpassung bis ca 2015 (per Auge, wie Mathias Siebold kürzlich beim Vulkan...):

Bild_2022-01-04_172820.png

und über den gesamten Zeitraum:

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Der Fit über den gesamten Zeitraum passt nicht so gut wie der über die Zeit bis 2015. Um das etwas solider zu machen, bräuchte ich aber die originalen Daten, hat die jemand?

[El Jardinero]

.... Und warum jemand mit dem Chart "lügen" will bzw. soll, erschließt sich mir jetzt nicht. Was wäre das Motiv? Verschwörung?

Typischer Fall von "zu ernst genommen" !
Es gibt nun mal dieses Buch und wer sich schon mal mit dem Thema beschäftigt hat weiß genau, was ich damit gemeint habe. Schon alleine das Dehnen oder Stauchen eines solchen Charts hilft, eine andere Schlussfolgerung zu argumentieren.
Ich sage ja nicht, dass hier gelogen wurde, sondern dass es das Buch und die darin beschriebene Thematik gibt.
(Die im übrigen in 90% aller Power Point Präsentationen zur Anwendung kommt )

Ginge es um eine Aktie, wäre sie mit Strich 1 als überbewertet zu bezeichnen, bei Strich 2 könnte man sagen: "Kannste kaufen".

[El Jardinero]

Der Fit über den gesamten Zeitraum passt nicht so gut wie der über die Zeit bis 2015.

Würde besser passen, wenn man es wie beim Skispringen machen würde.
Höchst und Tiefstwerte als Ausreißer streichen.

[Mequedoencasa]

Höchst- und Tiefstwerte streichen fällt natürlich unter "Datenmassage" !
Insgesamt müsste man die Werte über eine viel längeren Zeitraum betrachten. Ich such mal ob ich etwas finde.
Für La Palma ist das aber alles noch nicht relevant, für die Städte an Nord- und Ostsee schon.

[Boniato]

Stimmt das eigentlich, dass La Palma sich jedes Jahr 1 oder 2 cm aus dem Meer erhebt, also insgesamt aufsteigt bzw. wächst?
Das hört man immer wieder, viele Leute sagen das.
Das würde dann einen Anstieg des Meeresspiegels evtl. kompensieren.

Ein Teil der inneren, unteren Caldera war ja ganz früher unter dem Wasserspiegel, was man an den "Kissenlava"-Formationen dort sehen kann.

Am Charco Verde ist uns über die vergangenen ca. 20 Jahre aufgefallen, dass die Felsenbänke dort immer höher werden, also weiter aus dem Wasser raus schauen, und dass weniger Wasser und Sand drüber ist. Früher waren die tiefer im Wasser, und es lag Sand drauf. Man konnte am Südende des Strandes super ins Wasser gehen. Damals waren nur in der MItte des Strandes diese Felsbänke.
Das sieht für mich ganz laienhaft danach aus, als ob die Insel möglicherweise wirklich "wächst" und sich aus dem Wasser hebt.
Vielleicht gibt es auch eine andere Erklärung dafür.

[Constance]

Stimmt das eigentlich, dass La Palma sich jedes Jahr 1 oder 2 cm aus dem Meer erhebt, also insgesamt aufsteigt bzw. wächst?

Ja, La Palma hat sich in der Vergangenheit aus dem Meer erhoben, so wie auch andere kanarischen Inseln (Fuerteventura, Lanzarote, Teneriffa) und tut es vielleicht immer noch. Das liegt an den tektonischen Vorgängen unter dem Atlantik. Wir dürfen unseren Planeten nicht als statisches System betrachten, denn die Erde hat eine enorme Dynamik. Meistens können wir sie nur beobachten, wenn wir längere Zeiträume betrachten, manchmal ändert sich aber etwas rasend schnell, wie bei Erdrutschen oder Vulkanausbrüchen. Alles hängt mit allem zusammen, unsere Beobachtungen sind das Ergebnis von mehreren Faktoren und wir können das Ergebnis nur in der Gesamtbetrachtung und mit Hilfe von enormen Datenmengen richtig verstehen und fundiert deuten.