Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

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Lee
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Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Lee »

Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand:

https://www.teneriffa-news.com/news/kan ... 12381.html
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nils.k
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von nils.k »

Ich kann nur hoffen, dass auf La Palma die Uhren wie immer so langsam ticken, dass auch der unsägliche Trend zur Meerwasserentsalzung an der Insel vorüberzieht.

Man kann "die Kanaren" nicht alle über einen Kamm scheren. La Palma hat derzeit definitiv noch keinen Wassernotstand. Ja, es gibt ein Wasserverteilungsproblem von Nordost nach West. Aber es gibt ein viel größeres Wasserverschwendungsproblem vor allem in der Landwirtschaft, die 90% des Inselwassers benötigt.

Wenn dann noch die vielen Leckagen beseitigt werden (allein die defekte Galerie in Barlovento verliert täglich rund 650 m³ Wasser!!), dann müssen wir noch lange nicht über neue Wasserquellen nachdenken, ja noch nicht einmal das in den Bergen gespeicherte Wasser anzapfen. Das ist nämlich derzeit das heißeste Thema hier, noch weit vor Entsalzung.
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Theo aus Herne
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Theo aus Herne »

Hallo Miteinander !
Habe ja nun schon öfters von dem nachlassenden Niederschlag auf LP gelesen und dem hohen Verbrauch von Wasser für die Landwirtschaft / Bananen.
Wenn Nils jetzt aber schreibt, sehr viel Wasser geht durch leckende Leitungen verloren - warum werden diese Leitungen nicht einfach repariert, bzw, abgedichtet und / oder erneuert.
Für mich Amateur würde das doch mehr Sinn bringen als eine Entsalzungsanlage, die viel Geld in der Anschaffung kostet und deren Unterhalt weitere hohe Kosten produziert.
Dazu würden doch direkte Arbeiten und Reparaturen wieder Arbeitspläze auf der / den Inseln sichern.
Und irgendwelche öffentliche Gelder und Zuschüsse müßten mit etwas politischem Willen doch für diesen Zweck hergeleitet oder umgewidmet werden können.
Denke ich jetzt wieder einmal zu inselfremd :seeingstars:
Bitte erleuchtet mich.
LG Theo.
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nils.k
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von nils.k »

Theo, da sind zuerst mal die üblichen Verdächtigen: Schlamperei, Korruption und Gedankenlosigkeit. Das muss ich ja nicht weiter ausführen. :grin:

Spezifisch für La Palma sind aber auch die komplizierten orografischen Gegebenheiten. Nicht nur, dass die Insel sehr steil ist, sie ist auch in ständiger Bewegung. Die jeden Tag zu findenden kleinen und größeren Gesteinsbrocken auf den Straßen fallen ja sofort auf. Dadurch ist auch die Wassergalerie in Barlovento zerstört worden. Bisher hat die Gemeinde keine Firma gefunden, die in der Lage war, den Schaden zu beheben. Wahrscheinlich ist das auch eine Frage der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

Noch viel drastischere Folgen hatte der Steinschlag vom 16. Oktober letzten Jahres in der Caldera de Taburiente. Der Wasserkanal am Mirador de Cancelita wurde verstopft, zwei Wassergalerien beschädigt. Dort konnte man aber nicht gleich mit den Reparaturarbeiten beginnen, weil das gesamte Gelände nicht sicher war. Es besteht immer noch höchste Gefahr für weitere Rutschungen. Da ist man natürlich in einer Zwickmühle, denn die Bananen im Aridanetal sind abhängig vom Wassernachschub, aber reparieren, um dann gleich die nächsten Schäden zu haben, ist auch nicht sehr sinnvoll.
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nils.k
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von nils.k »

Unser geschätzter Forist escubic (memberlist.php?mode=viewprofile&u=112) twitterte heute:
https://twitter.com/escubic/status/1230121297562259456
"Die Gemeinden La Palmas müssen dringend die Wasserpreise erhöhen, um die Nutzung des Wassers zur Beregnung zu vermeiden. Ein Sommer der Dürre und Wasserknappheit erwartet uns. Durchschnittlicher Niederschlag seit dem 01.09.2019: 171 mm. Normal in den Jahren 1981-2010 vom 1. September bis 15. Februar: 469 mm. Das ist ein Defizit von 2/3, im Westen ist es noch schlimmer."
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von LaGraja »

nils.k hat geschrieben: Mi 19. Feb 2020, 13:18 Dadurch ist auch die Wassergalerie in Barlovento zerstört worden. Bisher hat die Gemeinde keine Firma gefunden, die in der Lage war, den Schaden zu beheben. Wahrscheinlich ist das auch eine Frage der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.
In diesem speziellen Fall ist der Hauptgrund, dass die Schadensstelle(n) nicht zugänglich sind und man erst einen Zugang/Zufahrt schaffen müsste.

Natürlich ist die Crux von La Palma die wasserintensive Landwirtschaft und hier wiederum die Bananen- und Avocado-Monokultur. Es gab hier immer (d.h. in "historischer" Zeit, vorher war alles paletti) Monokulturen, zuerst Zuckerrohr, dann Wein, dann Platanos. Man war und ist also erstens abhängig von den jeweiligen Märkten, die z.B. der Zucker- und der ersten Weinkultur den Hahn abgedreht haben (hier fällt mir auch noch die Seiden- und Cochenille-Industrie ein) und zweitens von der künstlichen Bewässerung. Für die beschriebenen Hauptkulturen waren die Regenfälle noch nie ausreichend. Seit Lugos und Groenenbergs Zeiten musste immer bewässert werden. Das war auch kein Problem, so lange es zumindest im Winter ausreichend geregnet hat, um die Kavernen zu füllen. Mittlerweile wird weit mehr Wasser entnommen als wieder hinzu kommt. Der größte Wasserbesitzer auf La Palma, die Erbengemeinschaft von Tazacorte und Argual, hat im Dezember Alarm geschlagen, dass man in diesem Winter nicht, wie sonst immer, einen großen Teil der Galerien schließen konnte, um sie aufzufüllen, sondern diese ständig offen halten musste, um den aktuellen Wasserbedarf zu decken.

Nun ist die Analyse der Situation das Eine. Es ist schon lange bekannt, dass landwirtschaftliche Produkte, die pro Kg Frucht 1.000 l Wasser verbrauchen, und nur durch hohe Subventionen überhaupt kostendeckend und gewinnbringend erzeugt werden können, auf Dauer ein Wahnsinn sind. Aber was wären die Alternativen? Ohne Bananen- und Avocadoanbau würde beim gegenwärtigen Stand die Insel entvölkert, und diesmal nicht in Richtung Venezuela und Cuba, sondern nach Peninsula und EU.
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Lee »

Das Pro und Contra von Meerwasserentsalzungsanlagen kann ich wenig beurteilen und es mag sein, dass die auf La Palma (noch) nicht nötig sind. Wenn der Klimawandel auf den Kanaren aber in diesem Tempo und dieser Art fortschreitet, kann das eventuell schneller gehen als man denkt. Die Nähe zur Sahelzone dürfte den Canarios gerade wieder einmal bewußter werden.

Eine erste Maßnahme um Wasser zu sparen, könnte doch z.B. sein, dass Neubefüllen der Pools zu verbieten. Wenn ich an unsere ersten La Palma Urlaube zurückdenke, habe ich den Eindruck, dass es damals noch weniger davon gab. Meiner Empfindung nach gab es in den letzten 15 Jahren einen spürbaren Zuwachs von Ferienunterkünften mit Pool...
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Theo aus Herne
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Theo aus Herne »

Irgendwie ist die schlechte Wartung und Erhaltung der Wasserleitungen und Galerien seltsam.
Da ich ebenfalls gerne auf Madeira weile, habe ich den Eindruck, man kümmert sich dort besser um den Zustand der Leitungen.
Es wird ebenfalls sehr viel Wasser vom regenreichen Norden zum wasserarmen Süden geleitet, unruhige Verhältnisse bei noch bröseligerem Boden (es liegen mehr Schichten mit Asche und Tuff zwischen der Lava).
Andererseits werden die meisten Levadas dort relativ gut gepflegt. Offene Betonrinnen täglich begangen und gesäubert.
Wichtige Leitungen sind verrohrt oder weiträumig in Tunneln verlegt.
Ketzerisch gefragt, kann eine bessere Organisation oder Wertschätzung des Wassers und seiner Leitungen der Grund sein?
Portugal ist ja nicht gerade ein reiches Land mit überschüssigem Geld. Ähnlich wie Spanien / Kanaren.
Der Aufwand müßte dort auf Madeira auch schmerzen.
Und es wird ja verteufelt viel Geld auf LP für ausgefallenene Bauprojekte ausgegeben.
Gab es bisher einfach zuviel Wasser ? :mrgreen:
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Lee »

@Theo

Ich könnte mir vorstellen, dass man auf Madeira aufgrund der viel größeren Bevölkerungsdichte (3x) und des noch viel größeren Tourismus einfach schon immer viel effizienter mit Wasser umgehen musste als auf La Palma und dadurch eine ganz andere Effizienz verinnerlicht hat.

Oft sind die Beweggründen für menschliches Handeln und Planen einfach so simpel....
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Pagurus (selbst gelöschter User) »

Lee hat geschrieben: Mi 19. Feb 2020, 23:01 Oft sind die Beweggründen für menschliches Handeln und Planen einfach so simpel....
... einfach so unbegreiflich, würde ich sagen. Oder wie LaGraja das formuliert:

Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von nils.k »

Zum Glück ist unsere Wassersituation jetzt erst einmal entspannt. Doch eine Auswertung des Winters von AEMET zeigt, dass auf den gesamten Kanaren auch der letzte Winter zu trocken (-9% gegenüber dem langjährigen Durchschnitt) und auch zu warm (+0,2 Grad) war. Kaum zu glauben bei dem vielen Regen, den wir hier genießen konnten, und der gefühlten Ewigkeit mit Tageshöchsttemperaturen unter 20°C... bis heute. :grin:

https://twitter.com/AEMET_Canarias/stat ... 40/photo/1
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Cortado »

Für eine ganze Menge Kiefern in der Caldera kam der Regen in diesem Winter offensichtlich zu spät:
https://www.eltime.es/isla-bonita/136-m ... ldera.html
pinos_muertos_Collage_Fotor.jpg
Bedrückend, dass es auch alte Bäume erwischt hat. Da sollte man glauben, dass die vielleicht teilweise absterben, aber aufgrund ihres größeren Wurzelwerks solche Perioden überstehen.

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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Lee »

Echt traurig, dass es selbst soviele Kiefern erwischt hat! Wir haben 2012 im Jahr der ersten der großen Dürren der letzten Jahre letztmalig die Caldera durchwandert. Da sah das Innere der Caldera schon ein wenig verändert aus. Wie mag es erst jetzt dort ausschauen?.
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Cortado »

Von meiner ersten Caldera-Runde (2003) habe ich ein Dia, auf dem wahrscheinlich die markante bogenförmige Kiefer zu sehen ist, die auf der Collage von El Time oben rechts abgebildet ist. Meine zweite + letzte Tour dort war 2013, da hatte ich die Situation aber nicht als auffällig empfunden. Seitdem war ich nur noch im Barranco unterwegs (bis Dos Aguas oder zur Cascada). Habe ich da zu sehr nach Monanthes geguckt ;-) und dadurch tote Kiefern übersehen? Jedenfalls hat mich der Bericht schon ziemlich geschockt.
Die Frage, die mir dabei auch direkt in den Sinn kommt: Welche Auswirkung hat das Absterben so vieler Bäume auf die Erosion der steilen Hänge? Kann nicht gut sein ...

¡Hasta luego!
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von Lee »

Im Mai 2012 haben wir auch noch keine toten Kiefern gesehen, da sah eher der Unterwuchs der Caldera schon etwas verändert und ausgedünnt aus. Zudem war der ganze Nordwesten komplett ausgedörrt. 2013 war wieder ein eher normales Regenjahr, da sah man z.B. dem Nordwesten nichts mehr von der Dürre an. Aber danach nahmen dann die Dürrejahre deutlich zu.
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Re: Die Kanaren stehen vor dem Dürrenotstand

Beitrag von nils.k »

Der Regen der letzten Tage hat es ein wenig kaschiert, aber der April war hier auf der Insel schon wieder viel zu trocken. Gegenüber dem langjährigen Mittel betrug das Niederschlagsdefizit 79 %.

Für das "landwirtschaftliche Jahr", also die Zeitspanne von September bis April, hatten wir 34 % zuwenig Regen. :garden2:

https://twitter.com/HDmeteo_com/status/ ... 2136803335
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