nils.k hat geschrieben: ↑Mo 29. Jul 2019, 13:57
Erstaunlich, was sich die meisten für ein Mäntelchen zurechtgelegt haben, um ihre eigenen Umweltsünden durch die noch viel größeren anderer Leute netter erscheinen zu lassen. Fakt ist, dass jeder Deutsche noch vor dem Erreichen eines Alters, in dem er selbst aktiv sein Handeln beeinflussen kann, mehr Ressourcen verpulvert hat als ein Inder in seinem ganzen Leben.
Heute ist der Tag, an dem weltweit alle Ressourcen aufgebraucht sind, die uns rechnerisch für 2019 zustehen. Der Erdüberlastungstag der Organisation Global Footprint Network fällt damit erstmals schon in den Monat Juli. Im letzten Jahr war es noch der 1.8.. Seit 1971 ist die Menschheit nicht mehr nachhaltig. Die Deutschen waren es schon davor nicht, inzwischen verbrauchen wir das DREIFACHE der uns zur Verfügung stehenden Kapazitäten.
Aber klar, wir Alten feiern die Party bis zum Ende. Die Rechnung zahlen wir jedenfalls nicht mehr. Und dann ist es wie zu Silvester: NACH dem Feuerwerk ist es besonders dunkel und stinkt gewaltig.
Ich glaube, das trifft den Kern des Problems nicht. Natürlich will ich - wie viele andere auch - meinen Teil dazu beitragen, etwas zu ändern. Und dazu gehört nunmal auch eine Änderung des eigenen (Konsum-)Verhaltens, damit geht die Party eben nicht unverändert weiter (natürlich gibt es genügend Leute, die genau so denken, aber zu denen zähle ich mich nicht).
ABER: Wenn es mir darum geht, wirklich etwas zu bewirken (zusammen mit vielen vielen anderen, allein ist man sowieso machtlos, aber einer muss ja anfangen, damit eine Bewegung draus wird), dann brauche ich doch eine ausreichende Daten- bzw. Faktengrundlage, um zu erkennen, WAS ich ändern kann/muss, um etwas zu bewirken. Wenn ich nämlich einfach in bestimmten Bereichen mein Verhalten ändere, ohne jede Ahnung davon, ob sich das - in Summe, s.o. - überhaupt signifikant auswirkt, dann versuche ich doch nur mein Gewissen zu beruhigen, weil ich mich dann als besserer Mensch fühle.
Ich will dafür mal das Beispiel "Wassersparen" heranziehen, in der Hoffnung, dass die Diskussion nicht abgleitet. In den 80er und 90er-Jahren hat man uns (unter anderem) eingetrichtert, ein sparsamer Umgang mit Trinkwasser (in den Privathaushalten wohlgemerkt) diene dem Umweltschutz. Begleitet von Bildern aus austrocknenden oder von Dürre geplagten Landstrichen in Afrika. Also haben wir alle Wasserspareinsätze in die Duschen und Toiletten eingebaut, tropfende Wasserhähne repariert, Regenwasserzisternen eingebaut usw. usf. und uns als bessere Menschen gefühlt. Bei näherer Betrachtung stellte sich allerdings heraus,
- dass (zumindest bis vor 2 oder 3 Jahren) in den allermeisten Gegenden Wasser überhaupt kein knappes Gut war, so dass Einsparen desselben überhaupt keinen positiven Effekt hatte.
- dass im Gegenteil die Abwasserkanäle teilweise sich zusetzten, weil immer weniger Wasser aus den Haushalten durchgeleitet wurde
- dass mit dem eingesparten Wasser eben null komma null die Dürreprobleme in Afrika oder wo auch immer gelöst werden konnten
- dass der Anteil der Privathaushalte am Wasserverbrauch verschwindend gering ist und man bspw. durch Reduzierung von Fleischkonsum wesentlich mehr Wasser einsparen kann (und dann ggf. auch noch dort, wo es tatsächlich knapp ist und für die Massentierhaltung verschwendet wird).
Ich will damit nicht sagen, dass das damals alles scheiße war, und es hat mit Sicherheit nicht geschadet, das Thema Resourcen und schonender Umgang damit in die Köpfe einer ganzen Generation rein zu kriegen. Und natürlich ist das Thema "Wasser" gerade kräftig am kippen, so dass meine o.g. Aussagen in Zukunft wohl so nicht mehr haltbar sind.
Worauf ich aber hinaus will:Man sollte sich schon immer fragen, ob ein bestimmtes Verhalten bzw. die Änderung desselben wirklich "systemrelevant" ist. Und wenn es einem nicht vordergründig darum geht, sich moralisch überlegen zu fühlen, sondern wenn man wirklich etwas sinnvolles machen will, dann kommt man nicht umhin, sich gründlichst zu informieren. Und da geht halt m.E. die Debatte leider wieder einmal in vielen Aspekten am Kern des Problems vorbei.