Beginn: 19.09.2021 15:11 Uhr (UTC +1)
Ende: 13.12.2021 22:21 Uhr (UTC)
Dauer: 85 Tage, 8 Stunden und 10 Minuten
Anzahl der Erdbeben während des Ausbruchs: 8652
Maximale Erdbebenstärke: 5,1 am 19.11.2121 um 01:08:47 Uhr, Epizentrum in 36 km Tiefe
Maximal gefühlte Bebenintensität: IV-V
Eruptionstyp: strombolianische Spalteneruption
Explosivitätsindex: VEI3
Zone des Tephritniederschlags ("Vulkanasche"): La Palma, Teneriffa, El Hierro, La Gomera und Gran Canaria
Anzahl der neuen Vulkankrater: 6
Maximal gemessene vertikale Geländedeformation: 33 cm am 24.10.2021
Maximal erreichte Höhe des Vulkankegels: 1131 Meter üM
Höhe des Vulkankegels nach Ende der Eruption: 1121 Meter üM
Materialauftrag des neuen Vulkankegels: 187m
Größe des Vulkankegels: 60 Hektar
Volumen des Vulkankegels: 36,5 Mio m³
Dauer des Vulkantremors: 2042 Stunden
Maximale Auswurfhöhe der Tephrite: 8500 m (13.12.2021)
Volumen des ausgeworfenen Materials: 217 Mio m³
Durchschnittliche Auswurfmenge: 27 m³/s
Ausgestoßenes Schwefeldioxid laut TROPOMI-Spektrometer: 1 Mio Tonnen
Lavatypen: Brockenlava Aʻā und und basaltische Pāhoehoe-Lava
Maximale gemessene Lavatemperatur: 1140 °C
Zusammensetzung: Thephrit und Basanit
Länge der Coladas: 6,5 km an Land und 1,1 km im Meer
Maximale Breite der Coladas: 3 km
von Lava neu bedeckte Oberfläche: 1219 Hektar (1,69 % der Inseloberfläche)
Größe der zwei neuen Fajanas: 43,4 und 4,6 Hektar
Anzahl der evakuierten Personen: etwa 7.000 (8,2 % der Inselbevölkerung)
Verletzte und getötete Personen: NULL
Zerstörte Straßen: 73,8 km (Schaden 228 Mio €),
Zerstörte Wasserversorgung: Canal LP II
Zerstörte Elektroanlagen: 130 km Stromleitungen, 1500 Strommasten, 85 Trafostationen
Zerstörte Gebäude (nach Katasterabgleich): 1676, davon 1345 Wohnhäuser und 75 gewerbliche Gebäude
Zerstörte landwirtschaftliche Anbaufläche: 370 Hektar, davon 288 ha Bananenplantagen, 66 ha Weinberge und 27 ha Avocadoplantagen
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 09:25
von Laxwolf2
Danke Nils für diese Zusammenstellung!
Es sind nur nüchterne Zahlen, aber viele La Palma-Freunde können damit etwas anfangen.
Sie helfen uns einiges fundiert einzuschätzen - und auch zu relativieren!
Es lohnt, sich einige Zahlen in etwa einzuprägen; das ist faktenbasierte Meinungsbildung!
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 12:58
von Schnecke
Wie mir kürzlich erst wieder selbst von Besuchern, die das Ausbruchsgeschehen u. die Folgen in - D - verfolgt haben,
gesagt wurde:
"so hätten wir uns das doch nicht vorgestellt - so nah, so intensiv und so groß..." .
Ja, es ist wohl etwas Anderes, das alles live zu sehen oder "nur" im TV oder Internet.
Ic saß vor einem Jahr um den Ausbruchszeitpunkt am Läppi und hörte plötzlich einen heftigen "Rumms", konnte dann vom Küchenfenster aus die Ursache sehen... Ich kam mir vor wie in einem Horror-Film
Nach dem ersten Schock, kamen dann die Kameras zur Geltung...
Und nun zum 1. Vulkan-Geburtstag sehe ich gerade die Trauerfeierlichkeiten für die Queen - fast schon absurd.
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 13:19
von Birigoyo
2021-09-19 Time Webcam 8 Minuten nach Beginn des Ausbruchs:
Er besagt, mit Videos belegt, nicht mehr und nicht weniger, als dass die Experten um einiges früher warnten und die Politik nicht gewillt war, ihnen zu folgen. Es waren doch alle erstaunt, dass die Warnstufe noch kurz vor dem Ausbruch explizit auf "gelb" belassen wurde. Das war anscheinend nicht das, was die Experten empfohlen hatten.
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 14:07
von Kurt
Die Wissenschaftler sagen aber, dass der Beschluss einstimmig gefällt wurde, die Ampel auf gelb zu lassen. Das IGN hat das auch erklärt, weil man nur die Erfahrungswerte vom Ausbruch vor El Hierro hatte. Hier lagen Wochen zwischen dem Status der auf La Palma vorherrschte und dem Ausbruch. Letztlich waren es hier nur Stunden. Die Evakuierung der Alten und Gebrechlichen sei nur eine Vorsichtsmaßnahme gewesen. Man stelle sich mal vor, was passiert wäre, wenn die das nicht gemacht hätten.
Und noch etwas stimmt so nicht: Natürlich wurde die Bevölkerung gewarnt. Man hat auf Informationsveranstaltungen und über sämtliche Medien darauf hingewiesen, dass man bitte eine Tasche packen soll, weil jederzeit evakuiert werden könnte. Dabei waren genau diese Zonen benannt, die später auch geräumt werden mussten. Das war einige Tage vorher.
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 14:37
von Schnecke
Ich erinnere mich - leider nicht mehr wann u. wo - ich gelesen hatte, dass Experten mit einem 80 %ig stattfindenden Ausbruch rechnen würden - fand ich schon ziemlich heftig.
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Mo 19. Sep 2022, 15:02
von nils.k
Sehr interessant, dass die gleichen Leute, die den Verantwortlichen damals vorgeworfen haben, die Evakuierung zu spät angeordnet zu haben, jetzt die schnellstmögliche Öffnung von Puerto Naos fordern...
Kühle Lava, heisse Stimmung: La Palma ein Jahr danach
Ein Jahr nach dem Vulkanausbruch machen die Menschen auf La Palma weiter. Aufgeben ist keine Option.
Der Seismologe des Nationalen Geographischen Instituts (IGN), Itahiza Domínguez, hat sich im Rückblick nochmals zum Vorlauf des Vulkanausbruchs geäußert, und betont, dass man vor allem darüber erstaunt war, wie schnell alles ging. „In einer Woche ging es von nichts zu einer Eruption“, sagte sie in einem Interview mit Europa Press und hat dabei auf die fehlenden Parallelen zum Unterwasserausbruch vor El Hierro und zu anderen Ausbrüchen hingewiesen. Was, beim letzten Ausbruch auf den Kanaren vor El Hierro 3 Monate dauerte, war hier alles innerhalb einer Woche der Fall. Bei vergangenen Ausbrüchen, die es auf Teneriffa gegeben habe, dauerte dies zum Teil Jahre. Natürlich kann man jetzt rückblickend sagen, dass es schon lange Anzeichen für einen Ausbruch gegeben habe, das ist aber so natürlich auch wieder sehr vereinfacht. Die Schwarmbeben, die in den Jahren zuvor immer wiederkehrend eingesetzt haben, sind eben nur ein Anzeichen für eine vulkanische Aktivität im inneren der Erde. Dasselbe hatten wir ja auch vor einigen Wochen auf Teneriffa. Wir leben ja nun mal auf vulkanisch aktiven Inseln und damit ist es folgerichtig, dass es irgendwann knallen wird. Die Vulkanologie ist eben keine Wissenschaft, die genaue Prognosen über einen Ausbruchszeitpunkt zulassen würde. Man kann da immer nur auf Erfahrungswerte setzen und dann entsprechend spekulieren. Laut Itahiza Domínguez hat sich aber unser Vulkan gar nicht so verhalten, wie man es von vergangenen Eruptionen auf La Palma gewohnt war. So habe es, nach den historischen Aufzeichnungen eben stehts ein heftiges Beben gegeben, dass auf die nahende Eruption hingewiesen habe. Hier war das aber nicht der Fall. Auch von der Dauer und der Zerstörungskraft sei man überrascht gewesen, weil das die Daten im Vorfeld so nicht hergegeben hätten. Auch anhand der Beben die es zuvor gegeben hat, konnte man laut Domínguez eben nicht auf einen unmittelbaren Ausbruch schließen. In der Realität sei es so, dass sich zwar die Wahrscheinlichkeit einer Eruption erhöhen würde, jedoch sei es unmöglich daraus abzulesen, wann und wo so eine Eruption passieren würde.
Ebenso sei er sich sicher, dass es auf La Palma oder auf den Nachbarinseln wieder zu einem Vulkanausbruch kommen würde. Das Ausbruchsgeschehen auf La Palma würde aber dabei helfen entsprechend besser vorbereitet zu sein, ob dies in 10 oder in 100 Jahren der Fall sein würde, lasse sich aber nicht beantworten. Auch eine Reaktivierung unseres Ausbruchs könne nicht ausgeschlossen werden, jedoch gebe es dafür derzeit keine Anzeichen.
Auch zum Namen des Feuerberges wurde Herr Domínguez gefragt und hat da eine elegante Antwort gegeben „Für uns spielt das keine Rolle“, meinte er. Zwar sei man als IGN dafür zuständig, den Namen am Ende zu bestätigen, aber man sei nicht für dessen Findung verantwortlich. In den wissenschaftlichen Publikationen benutze man schlichtweg die Formulierung „La Palma Eruption“, solange es keinen offiziellen Namen gibt. ......
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Do 22. Sep 2022, 17:43
von Pehala
Heute mal persönliche Einblicke gesammelt. Wir waren am Aussichtspunkt Tacande.
Schon traurig zu sehen was die Colada alles unter sich begraben hat.
(uns persönlich bekannte) Urlaubsgäste während und nach dem Vulkanausbruch berichten (aus Platzgründen gekürzter Text)
.....
2021 wurden wir während unseres La Palma Urlaubs sogar Augen- und Ohrenzeugen des Vulkanausbruchs oberhalb der Cabeza de Vaca. Wir hatten, wie mehrfach in den letzten Jahren, ein schönes Ferienhaus mit weitem Blick zwischen der Montana Rajada und Montana Cogote (direkt neben der ehemaligen Photovoltaik- Anlage in Las Manchas) gemietet.
Als am Sonntag, dem 19.9.2021 die Erdbeben im Haus morgens immer deutlicher spürbar wurden, haben wir Leute gefragt, wie wir als Individualtouristen bei einer Eskalation der Lage informiert würden. Ein Polizist aus dem benachbarten Coraconcillo (Las Manchas) meinte, dass die Polizei im Katastrophenfall mit dem Auto durch die Straßen fahren und in 3 Sprachen den Notfall ausrufen werde. Wir müssten dann innerhalb von 6 Stunden das Haus verlassen und uns zur zentralen Sammelstelle im Stadion von El Paso begeben.
Aber keine Sorge, dazu werde es nicht kommen. Am Mittag sprachen wir mit einem Mitarbeiter des Centro de Cueva de Las Palomas. Er meinte, dass das Ausrufen der Stufe 3 des Notfallplans am Nachmittag bevorstünde. Man beginne mit der Evakuierung von Personen mit massiven Mobilitätseinschränkungen. Er gab uns eine Telefonnummer, wo wir neue Entwicklungen auch in Englisch oder Deutsch erhalten könnten.
Nach unseren Recherchen zum Verhalten bei einem zu erwartenden Vulkanausbruch hatten wir unsere Koffer und Rucksäcke am Sonntagmorgen gepackt und unser Auto auch in Fahrtrichtung geparkt. Unter Umständen muss man ja schnell aufbrechen. So setzten wir uns nun mit einem Kaffee auf unsere Terrasse mit Blick auf die Berge. Die spürbaren Erdbeben nahmen an Stärke und Frequenz zu.
Dann tat sich die Erde auf
Kurz nach 15:00 gab es ein recht heftiges Beben, das das Haus kräftig erschütterte. Daraufhin habe ich das Glasdach unseres „Patios“ und die Außenwände kurz auf Risse inspiziert. Es gab zum Glück keine Risse. Kurz darauf sahen wir, dass in ca. 1,3 km Luftlinie Entfernung etwas oberhalb der Cabeza de Vaca die Erde unter ungeheurem Lärm aufriss und sich schnell ganz grau verfärbte. Dieser Ort wird auf manchen Karten „Las Plantas“ genannt. Ich machte ca. 3 min nach dem Ausbruch einige Aufnahmen. Ich hatte wenig Angst, dass die Lava bald vor unserem Haus stünde.
Das Gelände dort oben kannten wir von Wanderungen und wir sind auch oft über die LP 212 gefahren. Es war eher zu befürchten, dass die Lava in einigen Stunden zunächst nördlich der Rajada in Richtung El Paradiso fließen würde. Aber wir mussten auch die Möglichkeit weiterer Öffnungen in Betracht ziehen. .........
Etwa 15 Minuten nach dem Ausbruch haben wir unser geliebtes Ferienhaus seinem Schicksal überlassen und sind über die LP2 nach El Paso gefahren. Später wären die Straßen vielleicht verstopft. In Corona-Zeiten wollten wir Nächte in einer Massenunterkunft vermeiden. Der Tunnel nach Osten wäre hoffentlich trotz der Erdbeben noch offen. Das war auch so. Von dort kamen uns bereits Polizei, Feuerwehren und Krankenwagen vom Osten der Insel entgegen.
Wir sind für zwei Nächte in den „Parador“ gegangen. Unsere örtliche Vermietungsagentur und die Stadt El Paso haben wir noch am Abend über unseren Verbleib informiert. Es sollte uns ja niemand unnötig suchen. Abends war vom Hotel aus schon die Rauchsäule über dem neuen Vulkan gut zu sehen.
......
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Do 22. Sep 2022, 18:05
von nils.k
Vorbildliche Gäste!
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Do 22. Sep 2022, 18:08
von mrjasonaut
Schön erzählt.
Fällt mir schon wieder Anekdote ein.
Früher bin ich alle 10 Jahre aus mir nicht bekannten Gründen umgezogen.
Heute bin ich schon seit 16 Jahren aus mir nicht bekannten Gründen nicht mehr umgezogen.
Als ich das letzte Mal umzog, war ich noch gar nicht richtig eingezogen, als ich gezwungen werden sollte, weiter zu ziehen.
Es gab eine 'Bombenwarnung'. Auf einem Nachbargrundstück, zufälligerweise mit Kindergarten darauf, war eine Weltkriegsbombe gefunden worden.
Die Polizei pochte an der Türe und forderte zum Verlassen der Wohnung innerhalb von Frist xx-h, weiss nicht mehr, auf. Nächsten Tages fanden wir ein Kreide-Kreuz an der Tür.
Man sollte sich in die Turnhallennotunterkunft in einer Schule in der Gegend zur Übernachtung begeben.
Luxus Jason mit Luxus Weibchen hatte die Spendierunterhosen anlässlich des bevorstehenden Weltunterganges an und wir nächtichten dann doch lieber jenseits von Eden im gleichnamigen Hotel Eden neben den S-Bahn Gleisen der Berliner Stadtbahn. Inclusive Frühstück. Es schadete der nicht zertifizierten Ehe nicht. Es zaubert heute noch ein Lächeln auf unsere 4 rosa Wangen, wenn wir zurück denken an unsere Nacht, als wir 'ausgebombt worden waren'.
Natürlich hoffe ich, dass es niemals Ernst wird.
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Do 22. Sep 2022, 18:52
von Penelope
wir nächtichten dann doch lieber jenseits von Eden im gleichnamigen Hotel Eden neben den S-Bahn Gleisen der Berliner Stadtbahn
Steigst du deswegen immer im Eden in Los Llanos ab?
Re: TAJOGAITE - allgemein und drumherum
Verfasst: Do 22. Sep 2022, 21:04
von mrjasonaut
OT janzdolle, ja das kann sein.
Ich glaube eher wegen gemeinsamer Tradition.
Wobei ich den anderen Elia Kasan Film 'Der Mann mit der Schlangenhaut' noch viel besser fand. Nicht wegen Marlon Brando. Nein, wegen Anna Magnani. Erhebend.