mrjasonaut hat geschrieben: ↑Di 17. Aug 2021, 15:26
Das waren die Mudschaheddin und nicht die Taliban
Ein Blick fünfzig Jahre zurück hilft hier sehr.
In den 1970er Jahren gehörte das Königreich Afghanistan zu den rückständigsten Ländern der Welt. Die Analphabetenquote betrug mehr als 90%.
1973 putschte sich Mohammed Daud Khan an die Macht und rief die Republik Afghanistan aus. Sein Plan bestand darin, in dieser geopolitisch wichtigen Region der Welt sowohl von der Sowjetunion als auch von den USA Unterstützung zu fordern. Doch in den nächsten Jahren machten seine Reformen kaum Fortschritte. Die Beziehungen zur Sowjetunion verschlechterten sich schnell.
Am 27. April 1978 folgte der nächste Staatsstreich unter kommunistischer Führung. Die Demokratische Republik Afghanistan wurde gegründet. Ihre Führer waren voll auf Linie der sowjetischen Parteigenossen. Der Rückhalt in der Bevölkerung schwand jedoch zusehens. Deshalb marschierten sowjetische Truppen am 24.12.1979 in Afghanistan ein. Damit begann ein Bürgerkrieg, der bis heute nicht ausgestanden ist.
Die USA standen in diesem Bürgerkrieg auf der Seite aller Gegner der sowjetischen Intervention. Insbesondere finanzierten sie in der verdeckten Operation Cyclone die Mudschahedin in Pakistan mit mehreren Milliarden $ (geschätzt flossen zwischen 6 und 12 Mrd $ aus den USA, Saudi-Arabien und China). Das primäre Ziel der Widerstandskämpfer war das Zurückdrängen des Säkularisierungsprogramms in Afghanistan, das Ziel der USA das Zurückdrängen der Sowjetunion aus diesem Tel Zentralasiens.
Nach einem fast zehnjährigen zermürbenden Stellvertreterkrieg zog sich die Sowjetarmee aus dem Land zurück. In das entstehende Machtvakuum stießen rivalisierende Gruppen von Regionalmilizen, bestens ausgerüstet mit Geld und Waffen aus den USA. Diese wiederum zogen ihre Unterstützung aus der Region ab, mit dem Zerfall der Sowjetunion waren die amerikanischen Ziele erreicht.
Die Taliban formierten sich 1994, um mit Hilfe Pakistans einen auf der Scharia basierenden Gottesstaat zu errichten. Diese Bemühungen passten allerdings nicht in das geopolitische Konzept der USA, die 2001 die Intervention in diesem Land begannen. Doch die Erwartung, eine Demokratie nach westlichem Vorbild mit militärischer und finanzieller Unterstützung in Afghanistan installieren zu können, ging nicht auf. Ein wesentlicher Grund dafür war, keinerlei Unterschiede zwischen Taliban, Mudschahedin und Al-Quaida zu machen und damit die rivalisierenden Gruppen letztlich zu einer einheitlichen Front mit dem einzigen Ziel der Beendigung der Militärintervention zusammengeführt zu haben.
Wie wenig Erfolg diese gigantische Einflussnahme gebracht hat, haben wohl selbst die größten Skeptiker dieses Militäreinsatzes nicht erwartet. Vielleicht sollte man dabei bedenken, dass fast alle Afghanen ihr gesamtes Leben über nur mit Gewalt und fremden Truppen im eigenen Land verbracht haben. Vielen ist es viel wichtiger, wieder selbst über die eigenen Geschicke entscheiden zu können, als einen Gottesstaat zu verhindern. Die Taliban sind Teil der Gesellschaft, ein sehr radikaler Teil, aber es sind die Brüder und Schwestern.