Aus gegebenem Anlass: Lanzarote

Alles was noch übrigbleibt hier rein. Resteverwertung sozusagen.
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Constance
Mencey
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Aus gegebenem Anlass: Lanzarote

Beitrag von Constance »

Heute vor genau 291 Jahren, am 1. September 1730, fing auf Lanzarote eine verheerende Serie von Vulkanausbrüchen an, die 6 Jahre andauern und die Insel komplett verändern sollte. Diese Vulkanaktivität ist aufgrund ihrer Dauer und der Menge an ausgestoßenem Material weltweit einmalig: 26% der Inselfläche wurden meterhoch unter Lava und Asche begraben!
Geologisch betrachtet haben wir es hier mit dem sog. Fissur-Vulkanismus zu tun: durch den Druck aus der Magmakammer öffneten sich mehrere Ausgänge (Vulkane) entlang einer Bruchlinie, die auf Lanzarote eine Nordost-Südwest Richtung hat. In dieser Richtung sind auch die älteren Vulkane der Insel angeordnet: wie die Perlen einer Kette zeigen sie, dass die Vulkanaktivität aus dem 18 Jh. von den gleichen Kräften verursacht wurde, die schon vor Millionen Jahren die Insel aus dem Meer hoben und immer wieder neu formten.

Für die Menschen hatten die Eruptionen aus 1730 verheerende Folgen: 26 Dörfer und die fruchtbarsten landwirtschaftlichen Gebiete der Insel wurden zerstört. Glücklicherweise kam niemand dabei ums Leben: obwohl die Vulkane teilweise auf – nach damaligen Verhältnissen – dicht besiedelten Gebieten ausbrachen, konnten sich die Menschen rechtzeitig in Sicherheit bringen. Auch hatten sie genug Zeit, einige Habseligkeiten und Vorräte vor der Zerstörung zu retten, die Häuser und die Felder waren aber vollständig verloren, sowie auch die wertvollen Wasserspeicher. Viele Menschen emigrierten – trotz eines königlichen Verbots – zu anderen Inseln, vor allem nach Fuerteventura und Gran Canaria.

ABER: die Conejeros wären nicht die Conejeros, wenn sie sich von ein paar Vulkanen dauerhaft einschüchtern lassen würden! Noch während die Eruptionen voll im Gang waren, fingen sie an, die von Vulkanasche bedeckten Felder wieder nutzbar zu machen. Sie entfernten gerade genug Asche, dass sie in die Muttererde eine Pflanze einsetzen konnten, und stellten dann fest, dass diese viel besser und mit viel weniger bis gar kein Wasser gedieh als sonst. Eine Technik („enarenados“), die schon ihre Vorfahren und davor die Urkanarier im Norden der Insel (Malpaís de la Corona) und auf Sand praktiziert hatten… und die nun auf Lanzarote den Einbau von Wein, Gemüse und Obst ermöglichte, was sonst aufgrund des trockenen Klimas nicht möglich gewesen war. Die Vulkanasche (und auch der organische Sand) bildet nämlich eine perfekte Isolierung für die darunter liegende Erde, nimmt die Luftfeuchtigkeit der Passatwinde auf und leitet diese effizient zur Erde und zur Wurzel hin. Zudem wirken die Mineralien aus der Lava wie ein natürlicher Dünger. Ein Geschenk der Vulkane, und das auch noch in unerschöpflichen Mengen. Wer heute die Weingegend von Lanzarote besucht (La Geria), kann diese Technik noch in gleicher Form wie im 18. Jh. beobachten. Und das Produkt kann sich wirklich sehen (und schmecken) lassen!

Diese neue Landwirtschaft lockte viele emigrierten Bauern zurück in die Heimat, sogar noch während der Vulkanaktivität. Alte Quellen beweisen, dass sich die landwirtschaftliche Produktion auf Lanzarote nicht nur schnell erholte, sondern wesentlich zunahm. Die Bevölkerungszahl erhöhte sich einige Jahre nach Ende der Eruptionen sogar deutlich, weil die neuen landwirtschaftlichen Techniken mehr Menschen ernähren konnten. Die Vulkane hatten zwar viel Zerstörung gebracht, aber auch viele Chancen.
Und diese nutzt Lanzarote heute nicht nur landwirtschaftlich: die Menschen im 18. Jh. hätten nie ahnen können, dass eines Tages Millionen Besucher aus der ganzen Welt jedes Jahr in die von der Naturgewalt zerstörten Gebiete strömen würden. Im Nationalpark Timanfaya kann man heute die wunderschönen, majestätischen, wie aus einem anderen Planeten wirkenden Vulkane und Lavamassen aus der Nähe bewundern. Noch eine ergiebige Einnahmequelle, die aus der damaligen Katastrophe resultierte. Die Strafe Gottes, wie man das Phänomen damals wertete, war am Ende doch keine Strafe… oder besser gesagt: entscheidend ist immer, was man daraus macht!
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