Die Macht der spanischen Steuerbehörde

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nils.k
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Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von nils.k »

Gestern habe ich ein Einschreiben der Agencia Tributaria erhalten. Nun ist es ja nicht so, dass man sich in Deutschland über Post vom Finanzamt freuen würde. Hier allerdings ist das die Obrigkeit und der geht man am besten aus dem Weg. Von der Wirkung auf das vegetative Nervensystem ist so ein Brief also eher vergleichbar mit den Schreiben vom Polizeipräsidenten mit seinem völlig überteuerten Fotoservice in Deutschland.

Es war ein dicker Brief, ein seehr dicker 14seitiger Brief. Bei digitaler Post schaue ich erst einmal durch, worum es geht und lasse mir dann die unklaren Stellen von deepl übersetzen. Analoge Post, also die von ganz früher (die Älteren unter uns erinnern sich schwach), ist da nicht so leicht zu handhaben. Da muss man die Passagen händisch abschreiben, damit die gute Übersetzungsmaschine im Internet sie verdauen kann.
Doch dieses Schreiben blieb mir auch weiterhin rätselhaft. Was wollen die von mir?? Da musste der steuerkundige Fachanwalt ran. Und was der mir erzählte, klang ganz und gar unglaublich:

Die Agencia Tributaria zwingt mich mit diesem Schreiben, etwaige offene Rechnungen an einen meiner Handwerker nicht mehr an ihn zu bezahlen, sondern das Geld auf das Konto der Behörde zu überweisen. Was war geschehen? Dieser Handwerker hat vermutlich eine offene Rechnung beim Finanzamt über rund 3.100 € (die genaue Summe stand im Schreiben, ich muss doch schließlich wissen, was man ihm vorwirft). Anstatt das mit diesem Mann selbst auszufechten, schreibt die Agencia mich als ehemaligen Kunden an und fordert von mir eine Drittschuldnererklärung, dass ich ihm nichts mehr überweisen werde. Ja, man setzt mir sogar eine Frist von 10 Arbeitstagen zur Abgabe dieser Erklärung!!

Dieser Vorgang ist aus mehrerer Hinsicht unglaublich.
1) Die Agencia Tributaria kann mich nur deshalb anschreiben, weil Zahlungsempfänger bei Summen über 3.000 € im Jahr die Identität des Zahlungspflichtigen ans Finanzamt melden müssen. Über die NIE hat die Behörde also Zugang zu meinen Daten - und sie nutzt sie auch, wie dieser Brief zeigt.
2) Ich bin mir nicht sicher, ob ich der einzige Kunde meines Handwerkers bin, dem diese Drittschuldnererklärung abverlangt wird. Sollten ALLE größeren Kunden des Mannes einen solchen Brief erhalten haben, dann kann die Agencia Tributaria seinen Handwerksbetrieb in kürzester Zeit in die Insolvenz schicken. Und das alles für 3.100 € Verbindlichkeiten.
3) "Was erlauben Struunz?" Wie kommt eine staatliche Behörde dazu, mich in diesem Fall in Haftung zu nehmen? Ich habe damit nichts zu tun, das sollten die beiden Parteien doch bitteschön untereinander ausmachen.

Ich habe noch gestern die Drittschuldnererklärung abgegeben. Ganz einfach deshalb, weil man sich in Spanien niemals mit der Obrigkeit anlegt. :shock:
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Schnecke »

OMG - das kommt mir aber "spanisch" vor oder ist der 28.Dezember oder schon 1.April ? :gruebel:
Das muss ich mir ausdrucken, das glaubt einem kein normaler Mensch! :thumbdown:
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Einstein »

Hallo Nils, wie wäre es denn, wenn du die Rechnung an den Handwerker schon bezahlt hättest, was würde das Finanzamt dann machen?
Liebe Grüße Manuel

... nur was du nicht gemacht hast , kannst du bereuen...
Liz (gelöschter User weil inaktiv)

Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Liz (gelöschter User weil inaktiv) »

Dreist
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von nils.k »

Einstein hat geschrieben: Mi 24. Mär 2021, 11:06 Hallo Nils, wie wäre es denn, wenn du die Rechnung an den Handwerker schon bezahlt hättest, was würde das Finanzamt dann machen?
"Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich", um es mal mit den Worten von Günter Schabowski zu sagen. Vor dem Brief konnte ich ja nichts von der Angelegenheit wissen, konnte also ganz normale Geschäftsbeziehungen haben.
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von El Jardinero »

Ich gehe mal davon aus, dass die Rechnunge an den Handwerker sowohl bezalt sind von Nils, als auch in der Vergagenheit liegen, so wie er schreibt.

Abgesehen davon, dass ich mir diesen Vorgang in D nicht vorstellen könnte, allenfalls bei sowas wie Lohnpfändung, Insoolvenz etc finde ich die sich anschließende Frage viel spannender:

Was wird das FiAmt wohl machen, wenn der Handwerker seine Schild beglichen hat und somit der Grund für die Drittschuldnererklärung hinfällig ist?
Normalerweise müsste Nils dann einen Bescheid bekommen, dass die Erklärung wieder hinfällig ist.
Andernfalls wäre das ja eine Beeinträchtigung des geordneten Geschäftsbetriebes (würde man hier in D sagen). :gruebel:
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Tanausú »

Jo, richtig krasser Scheiss. Aber auch in D kommt die Finanzbehörde gleich nach der Inquisition.

Damals, als ich eben auch noch eine grenznahe Wohnung in D hatte, durfte ich mal eben rund 25 Kilo nachzahlen, und zwar subito und ohne Einspruchsmöglichkeit. Man hatte - vom Schreibtisch aus - einfach meinen "Lebensmittelpunkt" auf D taxiert... Und mein Anwalt meinte achselzuckend: no way!.. :(
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Kurt
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Kurt »

Habe grad mal gegoogelt. So eine Drittschuldnererklärung findet auch durchaus in Deutschland statt. Hier ist es sogar möglich, dass ein privater Gläubiger das veranlasst. Das geht nur, wenn eine Pfändung im Gange ist, um zu verhindern, dass das Geld anderweitig verschwindet.
Das muss also hier gar nicht anders sein. Wenn also die Pfändung gegen deinen Handwerker schon läuft, dann ist das ein recht normaler Vorgang. Im Normalfall vergehen hier Jahre bis die Steuerbehörde durchgreift und mit der Pfändung kommt. Habe mal was verpennt, was auf der Gemeinde als Steuer zu zahlen war, nach 6 Jahren haben die das dann einfach abgebucht. Multas gehen wesentlich schneller. Vielleicht ist das also gar nichts typisch spanisches, sondern dein Handwerker hat die Sache einfach zu lange laufen lassen.
Sportschütze (gelöschter User)

Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Sportschütze (gelöschter User) »

Korrekt !

Dieser Vorgang eines FA oder auch einer anderen Stelle ist nicht rein spanischer Natur

Auch in D kann ( auch eine Privatperson ) nach Stellung eines MB ( Mahnbescheides)
und fruchtloser Pfändung vor Ort, andere Personen oder Firmen anschreiben und sein
Recht auf Zahlung an sich selber offen legen.

Normaler Vorgang und auch gut so
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LasManchas
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von LasManchas »

Tanausú hat geschrieben: Mi 24. Mär 2021, 11:28 Jo, richtig krasser Scheiss. Aber auch in D kommt die Finanzbehörde gleich nach der Inquisition.

Damals, als ich eben auch noch eine grenznahe Wohnung in D hatte, durfte ich mal eben rund 25 Kilo nachzahlen, und zwar subito und ohne Einspruchsmöglichkeit. Man hatte - vom Schreibtisch aus - einfach meinen "Lebensmittelpunkt" auf D taxiert... Und mein Anwalt meinte achselzuckend: no way!.. :(
Frage, war das knapp , also 180 Tage plus Minus oder warst du tatsächlich im Ausland, hast aber hier noch eine Wohnung gehabt etc wo man annehmen könnte du wärst ständig hier..
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von nils.k »

@Las Manchas: es sind 183 Tage. Nicht "so ungefähr 180"!
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von LasManchas »

Für mich erst mal nicht so wichtig ob nun 180 oder 185 Tage, weil das eh keiner nachweisen kann bzw. Schwierig ist. Ggfs hängt mal halt noch 5 Tage ran damit es safe ist. Ich wollte wissen ob er tatsächlich richtig im Ausland gelebt hat und trotzdem in D als steuerpflichtig eingestuft wurde und mehr als diese 183 Tage im Ausland war..
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von El Jardinero »

Also zum Thema Drittschuldnererklärung kann man ja auch Wikipedia bemühen.
Da steht alles was D betrifft ja genau drin: https://de.wikipedia.org/wiki/Drittsch ... %C3%A4rung

Trotzdem stellt sich mir (neben der Frage nach dem danach) zudem die Frage,
Ist Nils wirklich ein Drittschuldner im deutschen Sinne.
Drittschuldner ist der Schuldner des Schuldners.
Was ist, wenn man zwar vordem Verbindlichkeiten beim Schuldner hatte, man als genau dieses war "Schuldner des Schuldners", man aber die Verbindlichkeiten beglichen hat.
Ab diesem Punkt ist man eigentlich kein (akuter) Drittschuldner mehr, eine Erklärung somit obsolet.(in D)
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von nils.k »

Drittschuldner im eigentlichen Sinne ist jemand, der laufende (in die Zukunft reichende) Verbindlichkeiten hat, also beispielsweise ein Mieter gegenüber dem Vermieter, ein Unternehmer gegenüber dem Angestellten oder ein Händler gegenüber seinem Lieferanten. Von solchen Personen eine Drittschuldnererklärung zu verlangen ist üblich.

Das hier ist aber eine ganz andere Nummer. Jemanden aufgrund von Verbindlichkeiten, die in der Vergangenheit liegen, zum Drittschuldner zu erklären, kommt in Deutschland nicht vor, zumal dort dem Finanzamt ja z.B. private Kunden eines Handwerkers gar nicht bekannt sind.
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Kurt »

Wenn das Finanzamt ermittelt, dann wissen die ganz genau, wo Geld herkam. Und natürlich werden die Geldflüsse auf dem Konto bei einer Steuerprüfung ermittelt. Auftragsbücher und Rechnungen, die ich mit Namen aufbewahren muss, auch in Deutschland, geben deine Identität auch her. Das ist ganz normal.
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Tanausú »

LasManchas hat geschrieben: Mi 24. Mär 2021, 14:56 Frage, war das knapp , also 180 Tage plus Minus oder warst du tatsächlich im Ausland, hast aber hier noch eine Wohnung gehabt etc wo man annehmen könnte du wärst ständig hier..
Exakt so.
Ich war bereits über ein Jahr in Zürich gemeldet und hab dort auch meine Steuern bezahlt, aber wegen der Wohnung und dem Umstand, dass damals meine Noch-Ehefrau dort wohnte und ab & an auch noch Post für mich ankam, hamse mal eben meinen Lebensmittelpunkt dorthin konstruiert - da half auch kein Nachweis des Mietvertrages in ZH oder regelmässiger Rechnungen in CH usw. Erst mit der Scheidungsurkunde und dem Verkauf der Wohnung hatte ich dann schlussendlich Ruhe...

Aber Schnee von gestern. I'm a happy guy :)
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von LasManchas »

Aha, gut zu wissen. D.h komplett abmelden, Wohnung offiziell vermieten, keine Fahrzeuge etc mehr halten.
Wie ist das wenn die Wohnung an die Kinder vermietet ist? Man muß eben aufpassen das es nicht so aussieht man hätte noch ein Zimmerchen..
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von El Ingeniero »

Hier entsteht der Eindruck, als sei die Hacienda schon fast die Stasi.
Das ist definitiv nicht so. Die Befugnisse der deutschen Steuerbehörden gehen deutlich darüber hinaus, z.B. ist in D jeder Steuerberater gesetzlich dazu verpflichtet, eine "Risikoabschätzung" zu jedem Kunden abzuliefern, in der die Gefahr möglicher Falschangaben bewertet wird.
Jedes Land ausserhalb Deutschlands, selbst Spanien, ist inzwischen eine Steueroase.

Also freut Euch, wenn Ihr in Spanien Steuern bezahlen dürft!

Gerade eben wird in Berlin übrigens diskutiert, wie man Republikflucht wieder unter Strafe stellen kann.
Also wer kann sollte nicht zögern...
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von Tanausú »

"Gerade eben wird in Berlin übrigens diskutiert, wie man Republikflucht wieder unter Strafe stellen kann."

:grin: Des' doch quatsch, oder haste da auch nen Link zu?
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Re: Die Macht der spanischen Steuerbehörde

Beitrag von El Ingeniero »

Leider kein Quatsch. Reiseverbote nennt man das jetzt. Kann man z.B. sogar beim Hofberichterstatter Tagesschau gerade eben nachlesen.
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