Es dreht sich zwar nicht um den Vulkanismus auf den Kanaren, aber ich versuche hier mal zu schildern, wie wir die Spalteneruptionen auf Big Island wahrgenommen haben.
Für Mai 2018 hatten wir einen Hawaii Urlaub gebucht und wollten auch erstmals die Hauptinsel (Big Island) besuchen. Monate vorher gab es noch in einer unbesiedelten Region einen ständigen Lavafluss der ins Meer mündete und per pedes oder auf einer Bootsfahrt
relativ (auch hier gab es aber ein paar Unfälle) ungefährlich hätte besucht werden können. Man hätte ganz nah rangekonnt, da es sehr zähflüssige Lava war. Solch direktes Erleben von aktivem Vulkanismus hätte uns natürlich auch gereizt, aber es sollte anders kommen...
Dann kam dieser Lavafluss recht plötzlich zum Erliegen...und kurz vor unserem Urlaub traten dann aber plötzlich Schwarmbeben auf und im Osten der Insel ereigneten sich mehrere Spalteneruptionen....da wurden wir natürlich sofort hellhörig.....gut die Spalteneruptionen (weniger Lava....aber Vulkanische Gase als Hauptgefahr) waren noch gut 10 Kilometer von unserer zweiten Unterkunft auf der Insel entfernt, aber die Nachrichten hat man von da an natürlich täglich gecheckt.
Am Abend vor der Abreise habe ich dann noch einmal kurz vorm Einschlafen die News gecheckt und da kam gerade die Nachricht von einem Beben Stärke 6 rein....da wird einem schon komisch und man denkt....da soll ich jetzt hin.
Aber stornieren konnten wir eh nicht mehr, und da die Insel ja viel, viel größer als La Palma (etwa 15x) ist, und unser erstes Basislager zudem auf der dem Vulkanausbruch abgewandten Seite war, haben wir uns etwas beruhigt und gesagt, wird schon.
Die Anreise hatte dann wirklich etwas unwirkliches, man wußte überhaupt nicht, was einen erwartet und noch passieren wird.
Vor Ort haben wir dann erst einmal zu unser Erleichterung festgestellt, dass das Beben keine nennenswerten Zerstörungen hinterlassen hatte. An der Westküste war die "einzige" spürbare Auswirkung vom Vulkanausbruch dann das an manchen Tagen je nach Windrichtung mehr oder weniger viel VOG (vulkanischer Nebel) die Sicht trübte, optisch einem starken Calima nicht unähnlich. An manchen Tagen schien die Sonne von einem wolkenlosen Himmel und trotzdem war kaum himmelsblau auszumachen. Zudem hatte man öfter das Gefühl, dass man direkt neben einem großen Stau und in dichtem Smog wandern würde....echt unangenehm! Nur im Norden der Insel hat man gar nichts davon mitbekommen und konnte ohne Beeinträchtigungen urlauben. Für die Bewohner der Westküste, die den VOG zwar kennen, da er hier leider in den letzten Jahren öfter, aber in eher abgemilderter Form immer mal wieder auftritt wenn der Vulkan ausgast, muß das ganze aber eine sehr belastende Situation gewesen sein....Leben inmitten einer vulkanischen Emissionswolke!
In der zweiten Hälfte des Inselbesuchs stand dann unser Wechsel auf die Ostseite an wo unsere Unterkunft genau am Rand des Puna Districts, etwa 10 Kilometer entfernt von den Spalteneruptionen, gelegen war. Wir hatten ein mulmiges Gefühl, aber die Infos die wir eingeholt hatten, besagten dass es dort sicher sei. Im Puna District selbst war die Lage allerdings kritisch, dort wurden so einige Häuser von der Lava verschluckt und die giftigen Dämpfe waren eine ständige Gefahr für die Bevölkerung. Zudem taten sich ohne Vorwarnung immer mehr Spalten auf aus denen Lava floss.
Ein, zwei Tage nachdem wir in unserer traumhaften, fast direkt am Meer gelegenen Unterkunft angekommen waren, wurde dann nur ein paar Hundert Meter entfernt von uns eine neue Straßensperre errichtet....jetzt begann die Sperrzone schon in unserer Straße.....ein echt mulmiges Gefühl! Glücklicherweise wohnten wir aber in dieser Inselecke im direkten Einflussbereich des Nordostpassats, der auch zumeist blies. In Momenten der Windstille begann man sich zwar Unwohl zu fühlen, aber laut Webseite des Katastrophenschutzes galt dieser Standort als sicher.
Da viele der reizvollsten Ecken der Insel, wie der benachbarte Puna District und auch der Volcanoes National Park (das Hauptwandergebiet) gesperrt waren, blieben uns nur Ausflüge in das Vulkangebiet zwischen den beiden Schildvulkangiganten (beides 4000er) Mauna Loa und Mauna Kea und in den von tropischer Vegetation überzogenen Nordosten der Insel. Hier trafen wir auch auf "Flüchtlinge" aus dem Puna District, die mit dem Auto hierhin gefahren waren um einfach mal wieder frei durchatmen zu können. Sie berichteten von sehr schlechten Luftwerten und einer teils durch die vulkanischen Dämpfe sterbenden Vegetation im Puna District.
Es hatte fast etwas unwirkliches diese Augenzeugenberichte von Betroffenen zu hören nachdem man gerade eine Kurzwanderung durch eine Schlucht zu einem schönem Strand und zurück gemacht hatte und dabei überhaupt nichts von dem Drama was sich etwa 50 Kiometer entfernt anspielte, bemerkt zu haben.
In den nächsten Tagen erlebten wir dann zwei kleinere Beben, die wir spürten. Einmal wackelte die Erde einen kurzen Moment als wir den botanischen Garten besuchten. Das nächste mal war schon etwas stärker. Mitten auf gerader Strecke und guter Fahrbahn fing unser Wagen plötzlich an zu schlingern und ich mußte ordentlich gegenlenken um ihn wieder in die Spur zu bekommen.
In unserem wunderschönen Feriendomizil gingen wir vermehrt mit einem mulmigen Gefühl schlafen, da wir jedes mal bei Windstille einen hintergründigen, leicht schwefeligen, unnormalen Geruch zu vernehmen glaubten.....ob das Einbildung oder Realität war, vermochten wir nicht zu unterscheiden. Als uns dann am vorletzten Tag unseres Big Island Aufenthaltes, als wir gerade von einem Ausflug aus dem Norden zurückkamen, eine Schlange von Autos zu realtiv später Stunde entgegenkam, die sich entgegen der normalen Pendlerströme bewegte, beschlich uns ein komisches Gefühl.....an der Abzweigung von der Landstraße zu unserem Basislagerort roch es dann echt unangenehm. In unserer Unterkunft checkten wir dann sofort die neuesten Meldungen des Katastrophenschutzes....die Schwefelgaskonzentrationen hatten sich in einigen Bereichen des Puna Districts noch einmal erhöht und die Bewohner einiger Siedlungen waren zum Verlassen des Gebietes aufgefordert worden.....daher die Autokarawane.
Der Bereich in den wir wohnten, wurde zwar nach wie vor nicht zur Evakuierung aufgefordert, aber an Schlaf wäre nicht zu denken gewesen, deshalb buchten wir sofort ein Hotel in Hilo, dem in sicherer Entfernung gelegenen Hauptortes der Ostküste, und packten unsere Sachen.
Als wir dann Big Island am übernächsten Tag mit dem Flugzeug verließen, schaute ich kurz nach dem Start über den Gang des Flugzeugs hinaus durch die gegenüberliegende Fensterseite und meinte eine gewaltige, beeindruckende Wolke über der Insel aufsteigen zu sehen....kurz darauf las ich dann, das es eine Eruption im Kilauea Krater gegeben habe....zum Glück aber nicht die befürchtete, wirklich verheerende Lava/Gas/Wasser-Explosion, die die Vulkanologen zuvor als wost case szenario bezeichnet hatten.
Die Spalteneruptionen gingen intensiviert leider noch eine ganze Weile weiter und verschlungen noch einige Häuser, Felder, Plantagen, und einige der traumhaftesten Buchten und Schnorchelplätze des Archipels. Die Luftqualität wurde währenddessen in immer weiteren Teilen der Ostküste immer bedenklicher und ich weiß von Leuten die deshalb dauerhaft die Insel verlassen haben. Und auch die Touristenzahlen gingen spürbar zurück.
Mittlerweile sind die Ausbrüche schon lange zum Erliegen gekommen.
Wir waren einfach nur froh, die Insel in Richtung Kauai verlassen zu haben; und traurig, dass wir viele der Orte, die wir besuchen wollten gar nicht hatten sehen können,.....und dass es so manchen nicht einmal mehr gibt!
Seit diesen Tagen auf Big Island bin ich deutlich skeptischer was das gewünschte Erleben eines Vulkanausbruchs auf La Palma betrifft. Der Teneguia Ausbruch, der durch seine Intensität und geografische Lage ein recht lokal begrenztes Ereignis gewesen sein muß, mag ein positives Beispiel sein, was selbst den Tourismus positiv beeinflusste.....aber geht man nur ein paar Jahrzehnte zurück zur San Juan Eruption.....da dürfte der Spaß Faktor schon deutlich niedriger ausgefallen sein um es vorsichtig auszudrücken.
Und wenn man beim Aufstieg zum Bejenado über den riesigen Lavastrom, der sich von der Cumbre Vieja in Richtung El Paso zieht, blickt, und sich verdeutlicht, was solch Ausbruch im dicht besiedelten Aridanetal heutzutage bedeuten würde.....